Tatort Wartenberg: Carl-Peter Steinmann liest zur „Blauen Stunde“

Die „Blaue Stunde“, das ist jene nachmittägliche Dämmerzeit, in der das Tageslicht schwindet und die ersten Lampen eingeschaltet werden. An klaren Tagen leuchtet der Himmel um diese Zeit in einer besonders intensiven Farbe.

In der Kommunalen Begegnungsstätte Wartenberg ist die „Blaue Stunde“ zum Prinzip geworden. An jedem dritten Donnerstag im Monat um 15.30 Uhr wird hier ein besonderer Tee aus edlem Porzellan angeboten, und selbst gebackener Kuchen rundet den Genuss ab.



Eigentlicher Höhepunkt der „Blauen Stunde“ ist jedoch die Literatur. Wechselnde Autoren aus Berlin und Umgebung stellen ihre literarischen Werke vor. Im Januar war dies Carl-Peter Steinmann, selbst ernannter Berlin(ver)führer und Autor zahlreicher Bücher mit regionalem Schwerpunkt.



Der Stadthistoriker befasst sich mit jenen Anekdoten, Legenden und Geschichten, die Berlin sein unverwechselbares Gesicht gegeben haben. In seinem 2009 beim Transit Verlag erschienen Buch „TatOrt Berlin“ geht es um berühmte Berliner Kriminalfälle, deren Hintergründe er sorgfältig recherchiert hat. Aus diesem Buch gab Steinmann in der gut besuchten Begegnungsstätte einige Kostproben.

So zum Beispiel die Geschichte der „Hertie-Knacker“ Peschel und Herndl, die im Jahre 1965 einen sehr cleveren Plan ausgeklügelt hatten, das Warenhaus an der Wilmersdorfer Straße um seine Tresorschätze zu erleichtern. Für ihren mehrtägigen Coup wählten sie nicht nur den Tag vor Christi Himmelfahrt, sondern auch noch den des Staatsbesuchs von Königin Elizabeth II., wodurch die Polizei hinlänglich abgelenkt war.

Die beiden Männer kletterten durch ein Fenster in das Warenhaus und schlugen dort im wahrsten Sinne des Wortes ihre Zelte auf, denn es dauerte mehrere Tage – ein langes Wochenende –, bis sie den Tresor aufgeschweißt hatten. In der Zwischenzeit machten sie es sich auf Campingliegen gemütlich, und da Hertie auch über eine Lebensmittelabteilung verfügt, mangelte es ihnen an nichts.

Ihr Lohn: 470.000 Mark, ganz überwiegend in Lohntüten vorverpackt, denn der Zahltag für die Hertie-Mitarbeiter stand unmittelbar bevor. Mit dem Geld wollten die beiden Tresorknacker sich nach Brasilien absetzen – und beinahe wäre ihr Plan auch aufgegangen, hätten sie nicht einen einzigen dummen Fingerabdruck an der „ausgeborgten“ Kaffeemaschine übersehen.



Dies war nur einer von drei Kriminalfällen, die Carl-Peter Steinmann zu dieser „Blauen Stunde“ aus seinem Buch vorlas, und gerne hätte man noch weitere gehört, denn schließlich geht es darin immer um den Berlinern wohlbekannte Orte, so zum Beispiel die Rennbahn in Karlshorst oder das Café Kranzler am Tauentzien. Steinmann hat nicht nur trockene Fakten gesammelt, sondern versteht es, die historischen Fälle durch amüsante Details lebendig zu machen.


Köstlicher Walnuss-Tee und ein hervorragender Mohnkuchen trugen mit dazu bei, dass diese „Blaue Stunde“ als überaus gelungen betrachtet werden kann – und dass man höchst gespannt auf alle folgenden ist.

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