Berlin−Beirut. Eine Lüge zu viel, die erste Romanveröffentlichung der Berliner
Autorin Gitta Mikati, greift ein hochbrisantes Thema auf, das bisher nur eine
Randnotiz der deutsch-deutschen Geschichte war. Rund 900.000 Mal flog die DDR
in den 70er Jahren Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon nach Schönefeld ein
und schob sie augenblicklich in den Westen ab. Wer in eine stichprobenartige
Kontrolle der „Arbeitsgruppe Ausländer“ geriet, musste nur ein einziges
Zauberwort sagen: „Asyl.“ Viele andere wurden von Schleuserbanden
bereits erwartet und für die Überführung von Pkw in den Nahen Osten eingesetzt,
um anschließend erneut in die DDR zurückzufliegen.
Die Bande um Maria und
ihren Onkel Albert, die Gitta Mikati in ihrem Roman beschreibt, ist fiktiv,
aber die Handlung basiert auf Fakten. Und sie muss es wissen, denn sie hat
seinerzeit selbst bei der Berliner Ausländerbehörde gearbeitet und war mit
einem Libanesen verheiratet.
Für die Buchpremiere
hätte sich der Divan Verlag keinen besseren Ort aussuchen können als das
Literaturhaus Berlin an der Fasanenstraße, denn genau an dieser Stelle – auch dies ein
historischer Fakt – befand sich in den 70ern ein Billardsalon, der als
Libanesentreffpunkt fungierte. Heute erinnert nichts mehr daran; das
stimmungsvolle Kaminzimmer strahlt eine gediegene, kultivierte Atmosphäre aus
und ist für seine Autorenlesungen bekannt.
Begrüßt wurden die
zahlreichen Gäste von der neuen Divan-Programmleiterin Gloria Reinhardt – zwar im
Maschinengewehrtempo und vom Blatt abgelesen, aber nichtsdestotrotz eine schöne
Geste des Verlags. Die musikalische Begleitung, die sich um die Bee-Gees-Hits
aus Saturday Night Fever rankte,
hatte Rundfunk-Redakteur Albrecht Piper übernommen, dessen Klavierspiel an
diesem Abend leider dem Anspruch der Veranstaltung nicht ganz gerecht wurde.
Umso vorteilhafter konnte
sich Gitta Mikatis ruhige, ausdrucksvolle Lesestimme entfalten; sie
präsentierte die Auszüge aus ihrem Debütroman im exakt richtigen Tempo und
schob immer wieder authentische Fakten ein, um die Hintergründe der Geschichte
um Mahmoud und Maria zu beleuchten.
Beleg ihrer sorgfältigen Recherche war die
Polaroid-Kamera, die sie mitgebracht hatte. Um die Auswirkungen des im Roman
geschilderten Vergrabens zu testen, hat Gitta ein bei eBay erstandenes
Kameramodell in ihrem Garten „bestattet“. Es hat den Langzeittest offensichtlich
recht unbeschadet überstanden.
Der Erfolg ihrer
professionell gestalteten Lesung zeigte sich nicht nur am anhaltenden Applaus
des Publikums, sondern auch an der Zahl der geduldig auf ein signiertes
Buchexemplar Wartenden sowie am wachsenden Blumenteppich auf dem Lesepult.
Ein ausführliches
Interview mit Gitta Mikati mit weiteren Hintergründen zu ihrem Roman Berlin−Beirut
gibt es hier.
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