Meistens saß der
Hund vor einem der drei gigantischen Fenster, die eine der Ecken des Hauses bildeten.
Er saß auf einem viel zu großen Kissen und sah auf den Park. Aufgeweckt
beobachtete er die Radler und Jogger, und manchmal bellte er den
vorbeilaufenden Hunden zu. Ich fragte mich, ob er ihnen zeigen wollte, wie
schön er es hatte, ihnen sagen, dass das Haus seines Herrchen so groß war, dass
er, um Auslauf zu haben, nicht einmal rauszugehen brauchte. Und wenn er mal
musste, dann würde er in den ebenso großen Garten gehen, die Blumenbeete
umrunden und an die Büsche urinieren, die ein Gärtner pflegte, dessen Namen er
vergessen hatte und der ihm jedes Mal einen Hundekuchen in den Mund schob, wenn
er vorbeikam. Meistens sang er dabei Lieder in einer Sprache, die der Hund nicht
kannte und die sein gewöhnliches Vokabular um Weites überschritt.
Doch in diesem Moment
sah er einfach nur nach draußen. Seine Ohren waren gespitzt, und er rührte sich
nicht auf seinem Thron aus Gänsefedern, von Gänsen, die er wahrscheinlich
lieber selbst gejagt hätte, als unverdient seinen reinrassigen Hintern darauf
niederzulassen.
Manchmal war auch
sie zu sehen. Dann stand sie am Fenster, eine Hand an der Scheibe, die andere
strich über den Kopf des Hundes. Ich stellte mir vor, wie ihre Hand einen
Abdruck auf dem Glas hinterließ, wie ein Zeichen dafür, dass sie noch da war,
dass sie sich nicht in dem großen Haus verloren hatte. Ein Abdruck, den sie hin
und wieder erneuern musste, da eine schwarzhaarige Putzfrau ihn immer wieder
mit Glasreiniger entfernte und ihren Ärger darüber nicht kundtat, da sie Angst
hatte, gemeldet zu werden.
Der Hund hatte
seine Augen jetzt auf mich gerichtet, obwohl ich hinter den vielen Bäumen, die
das Grundstück vom Park trennten, gut geschützt war. Geschützt vor den Blicken
der Bewohner dieses Hauses, das ich nach Beendigung meiner täglichen Runde
bewunderte und das mir inzwischen so vertraut war, dass ich mich fast als Teil davon
fühlte. Der Hund bellte schon seit einiger Zeit nicht mehr, wenn er mich auf
dem Sandweg stehen und meine Dehnübungen machen sah. Er kannte mich inzwischen
und schien mich einfach hinzunehmen, ließ mich meine Beobachtungen anstellen
und seine Herrin bewundern, ihre blonden Locken und ihre sanfte Haut.
Da es heiß war und
ich beim Rennen viel geschwitzt hatte, beschloss ich, nach Hause zu gehen, um
morgen zur gleichen Zeit wiederzukommen und nach ihr Ausschau zu halten.
Die Temperaturen
waren über 30 Grad geklettert, und der Schweiß lief mir die Stirn hinunter, als
ich mich nach vorn beugte, um den Boden zu berühren. Der Hund saß heute nicht
an seinem gewohnten Platz, und auch sie war nirgends zu sehen. Ich setzte mich
auf die gegenüberliegende Bank und wartete, doch weder der Hund noch sie
erschienen hinter den riesigen Fenstern.
Auch in den
nächsten Tagen war niemand zu sehen, vielleicht waren sie in den Urlaub gefahren.
Am Freitag kam für
gewöhnlich die Putzfrau. Ich hatte mir ein Sandwich mitgenommen und wartete,
dass sie die Fensterfront mit dem kleinen pinken Lappen abwischte, doch auch
sie erschien nicht. Als ich am Montag den Park betrat, ging ich, ohne mit dem
Rennen zu beginnen, zum Haus. Die Sonne schien durch die Fenster, die von einem
dünnen Staubfilm bedeckt waren. Die Putzfrau war auch übers Wochenende nicht
gekommen.
In den vielen
Monaten, die dieses Haus und seine Bewohner Teil meiner Routine geworden
waren, in denen ich mir vorgestellt hatte, dass sie mich sehen und zu sich
hereinwinken würde, hatte die Putzfrau pünktlich jeden Freitag
um 10 Uhr die Fenster geputzt. Meine Füße trugen mich
ohne zu zögern den Weg entlang und die Treppenstufen hoch zur Straße. Ich lief
an den goldenen Klingelschildern und dem Mercedes Benz vorbei, bis ich vor
einem kleinen blauen Zaun stand. Ich ging den zu beiden Seiten von
Gänseblümchen gesäumten schmalen Weg entlang zur Tür, die in demselben Blauton
leuchtete, und legte meinen Zeigefinger auf die Klingel. Meine Hand zitterte,
und der Knopf bewegte sich unter dem leichten Druck.
Doch dann zog ich sie
wieder zurück und sah an dem Haus empor. So nah war ich ihm noch nie gewesen.
Die Macht, die von ihm ausging, ließ meine Knie weich werden. Hinter mir hörte
ich Schritte und drehte mich um. Ein älterer Herr ging mit seinem Dackel
spazieren und grüßte mich, indem er eine Hand hob. Er blieb vor mir stehen.
„Grüßen Sie auch mal die Clara, ich hab die schon ein ganzes Weilchen nicht
mehr gesehen.“
Das Blut schoss
mir in den Kopf, und ich nickte. Unfähig, etwas zu sagen, legte ich die Hand
auf die Klinke, und zu meiner Überraschung öffnete sich die Tür.
(Fortsetzung folgt)
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