„Lennard Bertzbach – Darsteller aus dem Film Die wilden Kerle.“
So wurde auf Plakaten der
Gastleser des 13. Steglitzer Literaturfests angekündigt, das am
21. November zahlreiche Kinder, Jugendliche und
Eltern anlockte.
Der Siebenundzwanzigjährige stellte den Roman iBoy von Kevin Brooks vor und las zwei
längere Passagen daraus vor – souverän, gekonnt und mit jenem unverwechselbaren
Vibrato, das ihn schon mit sechzehn zum Teenieschwarm gemacht hatte.
Was ist seit den Wilden
Kerlen passiert? Und was macht Lennard Bertzbach heute? Ich traf ihn zum
Interview im Anschluss an seine Lesung.
Nervt das nicht,
immer wieder auf deine Rolle bei den Wilden
Kerlen reduziert zu werden?
„Na ja, irgendwie finde ich es auch verständlich, weil es
das ist, was die meisten am ehesten noch kennen könnten. Es ist ja wirklich
damals ein erfolgreicher Jugendfilm gewesen“, zeigt sich Lennard tolerant. „Es
ist schon schräg, wenn man das Gefühl hat: Die Vergangenheit holt dich ein,
oder wenn man dann wieder so vorgestellt wird und denkt: Komm, das hättest du
dir jetzt auch sparen können, das ist doch nicht so wichtig. Aber andererseits
ist es ja auch nicht schlimm.“
Du wurdest ja auch
auf dem Plakat so angekündigt.
„Echt? Das Plakat hab ich gar nicht gesehen. Aber das hat
mir eben auch jemand erzählt, dass es so angekündigt wurde, und das finde ich
dann ehrlich gesagt ein bisschen übertrieben, dass man das dann so versucht zu
benutzen, weil das so spektakulär gar nicht ist. Irgendwie fühle ich mich auch
geschmeichelt, wenn die Leute das so toll finden, aber das ist so lange her …“
Wir wollen das aber
nicht kleinreden: Du warst toll in der Rolle des Gonzo Gonzales!
„Ja, das war auch echt ein Spaß! Dabei hab ich nur Jack
Sparrow kopiert.“ Und das sei nicht seine eigene Idee gewesen, verrät Lennard
schmunzelnd. „Ich weiß noch, wie ich mir damals extra noch diesen Film anschauen musste, weil ich den noch gar nicht kannte, der war gerade erst rausgekommen. Die haben mir aufs Hotelzimmer eine Videokassette mit Fluch der Karibik organisiert, und ich
habe mir das einen Tag vor dem Casting reingezogen, bin immer auf und ab
stolziert und hab Jack Sparrow imitiert. Das ging schon alles ziemlich schnell.
Aber es war ja auch nicht schwer, diese Rolle – das ist ja eine Freude, das zu
übernehmen.“
Seine Theatererfahrung, die er bereits vor den Dreharbeiten als
Schüler gesammelt hat, habe ihm dabei geholfen.
Verstehst du dich
noch als Schauspieler?
„Eigentlich ist das immer so ein bisschen komisch, wenn
jemand mich als Schauspieler vorstellt. Erstens hab ich das nie gelernt, und selbst
in den Zeiten, als ich noch viel gespielt habe, hatte ich nie das Gefühl, dass
ich jetzt wirklich Schauspieler bin“, räumt der gebürtige Bremer ein. Seine
Rolle in Die wilden Kerle 2 war
keineswegs seine einzige; er war danach noch häufiger in Kino- und
Fernsehproduktionen zu sehen, beispielsweise in der Verfilmung des
Jugendbuchklassikers Die Welle. „Im
Moment drehe ich gar nichts mehr. Ich hab mich entschieden, mehr Musik zu
machen. Ich würde mich mehr als Musiker bezeichnen, das ist für mich der
authentischere Begriff. Musik ist mir wichtiger und steht an erster Stelle.“
Liest du selbst gern
und viel?
„Ich lese gerne, auf jeden Fall. Aber ich finde, man wird –
ähnlich wie beim Filmen – häufig enttäuscht.“ Er habe schon den Ehrgeiz, ein
einmal angefangenes Buch zu Ende zu lesen, sagt der ehemalige Teeniestar. „Aber
wenn es so langweilig ist oder mich nicht packt, dann brauche ich manchmal
Wochen, um ein Buch zu beenden. Und wenn ich mich zwingen muss, dann hab ich
das zwar noch irgendwo liegen und will es auch zu Ende lesen, aber dann nehme
ich mir trotzdem schon mal ein anderes, und dann habe ich irgendwann mehrere
Bücher offen.“
Welche sind das
zurzeit?
Lennard muss nicht lange überlegen: „Zum Beispiel JaronLanier, Wem gehört die Zukunft. Das ist
superspannend, aber schwer zu lesen. Man muss geistig total da sein, um das
alles aufnehmen zu können. Und dann noch ein paar Sachbücher, Geschichte des Pop zum Beispiel, oder
Biografien. Das letzte Buch, was mich gepackt hat, war The Circle von Dave Eggers. Das war so unterhaltsam und leicht
geschrieben, das konnte man wie einen Film wegfressen.“
Gehen wir mal von der
Literatur zur Musik. Du hast viele musikalische Projekte: Du schreibst eigene Songs und begleitest dich auf der Gitarre, und du trittst mit einer Jazzsängerin als Pianist auf. Außerdem musizierst du mit deiner Schwester und gibst mit deinem Vater Konzerte. Welche Rolle spielte
Musik bei euch zu Hause?
„Musik war zu Hause allgegenwärtig. Es standen überall
irgendwelche Instrumente rum. Meine Brüder hatten Gitarrenunterricht, ich hatte
Schlagzeugunterricht, meine Schwester hat mal Querflöte gelernt. Ich weiß
nicht, das war einfach normal“, erinnert sich der Musiker, der inzwischen drei ganz
unterschiedliche Instrumente beherrscht und eigene Songs komponiert. „Mein Vater
war eigentlich Landwirt und hat sich vor zehn oder elf Jahren als Musiker selbstständig
gemacht, hat das aber nie gelernt. Man lernt ja auch beim Tun. So hab ich auch
Klavierspielen gelernt, durch die ganzen Konzerte. Ich hatte ein Jahr lang
Jazzklavierunterricht, weil ich unbedingt Jazzklavier spielen wollte, aber ich konnte
nie wirklich Noten lesen, das hole ich jetzt erst nach. Ich hab einfach fünf
Jahre lang Konzerte gespielt ohne Ende. Bei Gitarre ist es wie beim Klavier. Ich
habe nie Unterricht gehabt, aber einfach superviel gespielt, jahrelang.“
Wie war dein
beruflicher Werdegang?
„Eigentlich wollte ich Musik studieren, bin aber nicht in
den Studiengang reingekommen, weil ich nicht gut genug war im Notenlesen. Dann
haben sie gemeint, wir sehen dein Potenzial, du könntest nächstes Jahr
wiederkommen, mach noch mal Theorie.“ Das habe er sich auch vorgenommen, erklärt
Lennard, sich schon mal für Philosophie und Physik im Nebenfach eingeschrieben
und zwei Semester lang den Universitätsbetrieb beobachtet – mit dem Ergebnis,
dass er nicht mehr wollte. „Ich hatte das Gefühl, es geht überhaupt nicht
darum, etwas Interessantes zu lernen, sondern es geht darum, Kreditpunkte zu
sammeln, wie so ein bescheuertes Spiel. Das musste ich mir nicht antun. Es mag
Leute geben, für die das genau das Richtige ist. Ich hab mich damit abgefunden, dass das bei mir nicht so war. Danach hab ich auch nicht mehr studiert, nur
hier und da gejobbt, eben als Schauspieler oder in anderen Jobs, und jetzt mach
ich nur noch Musik und kann leben.“
Das möchte ich etwas genauer wissen, daher erläutert
Lennard: „Wir spielen ja viel auf privaten Veranstaltungen, runde Geburtstage,
goldene Hochzeiten und so, da gibt es eine Festgage, und wenn du davon ein paar
Konzerte im Monat hast, ist das genauso wie ein anderer Job.“
Welches von deinen
musikalischen Projekten ist denn das erfolgreichste?
Die Antwort kommt spontan: „Das, was ich mit meinem Vater
mache, Schlager der zwanziger bis fünfziger Jahre. Das läuft jetzt auch schon
am längsten professionell. Eigentlich bin ich ja auch immer dabei, meine
eigenen Sachen zu schreiben und zu spielen ‒ an der Gitarre ‒, aber damit
verdiene ich noch kein Geld. Geld verdiene ich mit diesen Schlagern. Wir
spielen bundesweit, aber vorwiegend im Bremer Raum. Das läuft über Mundpropaganda.
Wenn wir Folgeaufträge kriegen, sind das immer Leute, die uns irgendwo mal
gesehen haben. Es ist nicht das, was ich mir selbst ausgesucht habe, aber ich
habe trotzdem unheimlich viel Spaß, allein weil ich schon merke, mit jedem
Konzert werde ich besser und lerne. Das ist für mich der Reiz daran, dass ich
Spaß haben kann während der Arbeit und immer besser werde. Ich merke diesen
Prozess, dass ich mittlerweile blind spielen kann.“
Lennard Bertzbach ist jedoch nicht der Typ, der sich auf dem
Erreichten ausruht: „Natürlich will ich mein eigenes Ding durchziehen, meine
eigene Musik. Es gibt diesen Begriff Liedermacher-Musik oder Singer/Songwriter,
aber es sind halt deutsche Texte, es ist ja auch immer sehr textlastig. Daran
arbeite ich, ganz entspannt, ich will mich nicht unter Druck setzen, denn ich
merke, sobald ich unter Druck stehe, schaffe ich nichts mehr. Ich bin jetzt seit
zwei Jahren in Berlin. Das entwickelt sich. Es ist nicht schwer, überall zu
spielen, aber es ist natürlich schwer, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten,
denn gerade in Berlin gibt es viele, die das genauso versuchen.“
Deine Texte sind originell
und relativ komplex. Würden die eigentlich auch als Lyrik funktionieren?
„Darüber hab ich schon oft nachgedacht, ob ich vielleicht an
Poetry Slams teilnehmen soll. Da hab ich mich noch nicht richtig rangewagt. Ich
schiebe solche Sachen manchmal auch ewig vor mir her. Vielleicht versuch ich
das mal.“
Du thematisierst in
deinen Texten häufig die Möglichkeit, sich jederzeit frei zu entscheiden. Das
scheint etwas zu sein, das dich beschäftigt.
„Ja, schon, aber mittlerweile hat sich das auch schon
geändert. Das sind Lieder, die ich vor zwei, drei, vier Jahren geschrieben
habe, und ich bin heute natürlich nicht mehr in der gleichen Situation wie
damals“, erläutert der Musiker. „Da hatte ich noch andere Gedankengänge oder
andere Probleme oder hab das Lied aus einem anderen Grund heraus überhaupt erst
geschrieben. Aber trotzdem singe ich das Lied heute meistens noch so, weil ich
mir denke, das muss ich auch akzeptieren, dass ich mich verändere, aber
trotzdem mal so gewesen bin. Diese Lieder sind immer noch von mir, auch wenn
sich meine Ansichten vielleicht ändern.“
Selbstkritisch fügt Lennard hinzu: „Es gab tatsächlich so
eine Phase, wo ich dachte, der Wille bestimmt alles. Das ist auch immer noch
so, aber wenn das so tiefgreifende Themen sind, dann hab ich damals auch echt ein
bisschen zu viel Pathos in den Liedern gehabt, den ich heute vielleicht so
nicht mehr anwenden würde, und trotzdem macht es mir Spaß, die zu singen. Aber
es entwickelt sich alles. Manchmal hab ich das Gefühl, ich hab mit dem
moralischen Zeigefinger gewinkt: Du musst nur das und das, und dann ist alles
cool. So einfach ist es nicht. Ich bin da schon ziemlich privilegiert, wenn ich
in der Lage bin zu sagen: Mach doch einfach dies und jenes, und schon ist alles
besser. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie es anderen geht. Aber für mich
war das damals halt sinnvoll.“
Der junge Musiker will sich aktiv weiterentwickeln: „Daran
arbeite ich. Ich will ja auch niemandem auf den Schlips treten. Ich will, dass
meine Lieder einen gewissen Humor haben. Ich finde, das ist immer ein guter
Kanal, um überhaupt bei den Leuten anzukommen.“
Dann baust du deine
Musikkarriere also derzeit auf?
„Ich nehme mir das vor. Ich muss mehr lernen, ich muss
lernen, die Gitarre so zu spielen, wie ich mir das vorstelle, und dann merke
ich, ich brauche einfach so und so lange, bis ich das kann, und dann denke ich,
ich muss es doch noch besser können. Aber das ist normal. Es spitzt sich schon
langsam alles so zu, dass ich nur noch das machen kann. Aber das ist halt immer
eine unsichere Sache als Musiker. Man weiß nie, wie es nächsten Monat aussieht.“
Lachend fügt Lennard hinzu: „Aber gerade ist cool. Ich brauch ja nicht viel.“
Ja, die Freiheit,
sagen zu können: Ich mach das nicht, wenn ich da keine Lust zu habe – die ist
unbezahlbar.
„Das ist unheimlich viel wert. Das merke ich immer wieder“,
bestätigt Lennard, der mittlerweile im Wedding zu Hause ist, und grinst: „Deshalb
seh ich auch noch so jung aus, glaub ich. Manche schätzen mich noch auf achtzehn,
und ich bin siebenundzwanzig. Das variiert immer stark, aber siebenundzwanzig
ist auf jeden Fall die Obergrenze, auf die mich irgendjemand schätzt.“
Was würdest du gern
noch mal ausprobieren?
„Ich spiele schon lange mit dem Gedanken, mal Kabarett zu
machen“, verrät Lennard Bertzbach. „Am Klavier bin ich mittlerweile sehr sicher
und habe das Gefühl, ich könnte eine Show abliefern mit Texten von mir und
musikalischer Untermalung. Alle Lieder, die ich bisher geschrieben habe, waren
für die Gitarre. Jetzt macht es mir Spaß, die Sachen aufs Klavier zu
übertragen, was nicht mit allen Songs funktioniert. Es sind einfach so
Liedermacher-Gitarrensongs. Aber ich beginne jetzt umzudenken und auch Lieder
fürs Klavier zu komponieren.“
Dafür hat der ehemalige „wilde Kerl“ auch durchaus konkrete
Pläne: „Mich faszinieren Kabarettisten wie Hagen Rether, die Inhalte vermitteln
auf witzige Art und dabei unterhalten, aber auch anregen, über Dinge
nachzudenken. Das würde mich reizen. Da müsste ich mal anfangen, ein Programm
zu schreiben und das auszuprobieren. Das ist so eine Sache, mit der ich schon
lange liebäugele.“
Irgendwann noch mal als Schauspieler zu arbeiten, kann Lennard
sich durchaus vorstellen. Im Moment setzt er allerdings andere Schwerpunkte: „Dass
ich Musik machen will, hab ich schon früh erkannt, aber welche Musik genau und
wo das hinführt, ist noch relativ unklar. Da lasse ich mich ein bisschen
treiben. Ich mache diese vielen Projekte, und mir liegt an allen etwas, deshalb
will ich mich auch noch gar nicht festlegen. Ich mache so lange alles, bis sich
herauskristallisiert, wo noch mehr Potenzial liegt, was man noch ausbauen kann,
was einschläft, was sich verändert.“
Wer wissen möchte, welche Musik Lennard Bertzbach macht, kann sich auf seiner Website informieren, die zahlreiche Hörbeispiele anbietet - und hoffentlich immer häufiger auch live!
Ich finde ihn cool ich würde gerne mit ihm einen Film drehen der extrem ist hart kriminell schmerzhaft aber liebe gibt es auch er ist wie ich auf dem Land gross geworden gegenüber meines Zimmers war ein Landwirtschaft Licher Hof er in seiner Rolle des Gonzo Gonzalez wir würden gut zueinander passen. Es grüßt dich ganz herzlich dein loyaler Fan Jessica patzwald aus Pfullingen lieber lennard bleib gesund und auch deine Familie.
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