Das Studiolo im
Aufbau-Haus ist eine Art vollverglaste Putzmittelkammer, in der vier (!) Stühle
und ein paar minimalistische Bänklein aufgestellt worden waren. Das war der
Rahmen für die Lesung von Bastian Asdonk, der mit Mitten im Land kürzlich beim Zürcher Verlag Kein & Aber sein Romandebüt
veröffentlicht hat. Ein großer Publikumsansturm wurde offenbar nicht erwartet. Auch der Verlag hatte keinen Repräsentanten geschickt.
Für den Beginn der Lesung
waren zwei unterschiedliche Uhrzeiten im Internet kommuniziert worden, was
ebenso für Verwicklungen sorgte wie die mangelhafte Tontechnik. Im ersten Teil
des Gesprächs wurden Asdonk und sein Moderator Jan Ehlert (NDR) vom Straßenlärm
und den lautstarken Unterhaltungen der Besucher, die es sich lieber draußen am
Getränkestand gemütlich gemacht hatten, als der Veranstaltung zu folgen,
gnadenlos übertönt.
So viel zumindest wurde
klar: Bastian Asdonk wuchs bei Kamp-Lintfort auf, lebt jetzt schon einige Jahre
in Berlin und würde nicht gerne aufs Land ziehen wollen. Genau dort spielt
nämlich sein Roman, in einem winzigen brandenburgischen Kaff mit einer
Tankstelle, einem Discounter und einem Kfz-Händler. Der namenlose Ich-Erzähler verliebt
sich dort in ein abgelegenes altes Haus am See und nimmt das Dorf mitsamt Bewohnern
sozusagen billigend in Kauf.
Politische Haltung, so
erläuterte Asdonk, drücke sich ja heutzutage nicht mehr in parteipolitischen
Aktivitäten aus, sondern eher in der Lebenseinstellung und in bestimmten
Handlungen. So geht es auch seinem Protagonisten. Der will nämlich autark
leben, sein eigenes Obst und Gemüse anbauen und „von seiner Hände Arbeit“
leben, und zu diesem Zweck liest er eine Reihe von Gartenbüchern.
Man ahnt, dass es zum
Culture Clash kommen muss. Doch im ersten von Asdonk leider viel zu hastig
vorgelesenen Romanauszug beobachten wir den Ich-Erzähler lediglich beim Anlegen
eines Hochbeetes, und das klappt eigentlich für jemanden mit rein theoretischem
Wissen ganz gut. Recht amüsant, wie sich der Allergiker die Nase von innen mit
Vaseline einschmiert, um den Gräserpollen die Tour zu vermasseln.
Anschließend geht er den
Nachbarn besuchen, um Eier zu kaufen. Es folgt eine sehr akribisch beschriebene,
aber nicht allzu aufregende Szene, in der der „Eiermann“, der dann „Franz“
genannt wird, obwohl er sich an keiner Stelle namentlich vorgestellt hat, den
Fremdling freundlich begrüßt und sogar ein Schnäpschen aus dem Kühlschrank
holt.
Noch eine zweite
Lesepassage gab es, leider noch hektischer abgespult, in welcher der
Protagonist bei neuen Freunden (?) übernachtet hat und morgens mit ihnen
frühstückt. Einer der Anwesenden hält dabei eine lange Rede über Kapitalismus,
den Willen des Volkes und das trügerische Vertrauen in den Staat, die möglicherweise
für ein Essay taugt, ganz sicher aber nicht für einen Romandialog.
Deutlich mehr erfuhren
die Zuhörer der Lesung durch die souveräne Moderation von Jan Ehlert (NDR), der
– mit eigenen Worten – eine Romanszene schilderte, in der ein Dorffest mit
Schlagertanzmusik von einigen rechts orientierten Jugendlichen „übernommen“
wird, die dann ihre eigene Musik spielen, was aber niemanden zu stören scheint.
Ehlert war es auch, der
verriet, dass der Ich-Erzähler sich in die Dorfschönheit an der
Supermarkt-Kasse verliebt und dass die „Rechten“ sich letztlich doch als ganz
anders entpuppen als erwartet.
Das hat Potenzial, da
lauern Konflikte, da könnten Entwicklungen stattfinden – und das wäre der Stoff
gewesen, den ich mir in dieser Lesung gewünscht hätte, um einen Eindruck von Mitten im Land zu bekommen. Leider
plätscherten die gelesenen Szenen spannungsfrei vor sich hin, sparten weder
mit Plattitüden noch mit grammatikalischen Magenhieben und machten wenig
Appetit auf die Geschichte des gescheiterten Sozialromantikers.
Berechtigt also die Frage
einer Zuhörerin, was Asdonk zum Schreiben gerade dieses Romans veranlasst habe?
Und etwas erschreckend seine Antwort darauf: Er habe Thoreaus Walden gelesen, aber das sei ja doch ein
sehr langweiliges Buch.
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