Zweimal jährlich, jeweils
zur Buchmesse, laden die Textmanufaktur und die Literaturagentur Hille & Jung zum Autorensalon ein. Rund 50 Interessierte fanden sich am Messesamstag
(das ist der Tag, wo sowieso niemand freiwillig in den Hallen unterwegs sein
will, weil sie dann noch überlaufener sind als an den Fachbesuchertagen) im Deutschen
Filmmuseum am Schaumainkai ein.
Alle drei Gastdozenten hätten die Anreise auch gelohnt, wenn ich nicht ohnehin schon in Frankfurt gewesen wäre, denn jeder von ihnen brachte die jeweilige Thematik aus professioneller Sicht, unterhaltsam und gut strukturiert auf den Punkt.
Franziska Gerstenberg: „Sollten die Figuren zum Mond fliegen?“ Erzählungen schreiben hier und heute
Die in Dresden lebende
Schriftstellerin Franziska Gerstenberg nannte in ihrem Plädoyer für kurze
literarische Formen die Grundvoraussetzungen für deren Autoren: Recherche,
Empathie und Interesse am anderen. Das eigene Erleben sei nur selten
interessant genug für eine fesselnde Erzählung, aber es sei durchaus spannend,
Anteile der fiktiven Figuren in sich selbst aufzuspüren.
Bei der Stoffauswahl
setzt Gerstenberg auf die Geschichte als Metapher oder Stellvertreterin eines
gesellschaftlichen Zustands. Nicht die gesamte soziale (Schief-)Lage sollte
Inhalt einer Erzählung sein, sondern nur eine beispielhafte Episode, aus der
sich dann eine universelle Aussage entwickeln lässt. Häufig stellt das Ende
einer Erzählung den Aufbruch in etwas Neues und Unbekanntes dar: Das Problem
ist vielleicht nicht gelöst, aber die Perspektive hat sich verändert und
mögliche Wege geöffnet.
Meinungsmache und ein Übermaß
an Fakten und Informationen dagegen stehen dem literarischen Anspruch einer
Erzählung nur im Wege. Vielmehr soll sie auf die Mittel der Sprache
zurückgreifen und durch sparsame Andeutungen beispielsweise auf Missstände
hinweisen, ohne eine Wertung vorwegzunehmen: die bleibt dem Leser überlassen.
Dass die Erzählung oder
auch die Kurzgeschichte am Buchmarkt nur schwer zu platzieren ist, weiß
natürlich auch Franziska Gerstenberg, die allerdings in diesem Jahr mit So
lange her, schon gar nicht mehr wahr bereits ihren dritten Erzählband bei
Schöffling vorlegen konnte.
Bettina Querfurth: „Wie finde ich einen Verlag?“
Diese zentrale Frage, die
wohl jeden Autor an einem frühen Zeitpunkt seines Schaffens bewegt, lässt sich
kaum in einer halben Stunde beantworten. Und schließlich geht ihr ja noch eine
andere Frage voran: Wozu brauche ich überhaupt einen Verlag? Im Idealfall, so
erklärte die Frankfurter Literaturagentin, sorgt dieser dafür, dass das Buch
auch seinen Leser findet. Bei Druckkostenzuschussverlagen oder im Selfpublishing
ist dies ja keineswegs selbstverständlich.
Bettina Querfurth rät aus
langjähriger Erfahrung dazu, sich an die Regeln zu halten und den Rat von
Profis anzunehmen. „Ist ja alles schön und gut, aber ich mach das ganz anders“ –
diese Einstellung dürfte im Literaturbusiness kaum jemals zum gewünschten
Erfolg führen.
Viel klüger ist es da
schon, zu schreiben, was gesucht wird, und das kann man beispielsweise in den
aktuellen Verlagsprogrammen oder vor Ort in der Buchhandlung recherchieren.
Welche Themen, welche Genres herrschen hier vor? Wie werden sie präsentiert?
Wie kann ich meinen eigenen Text einordnen? Eine möglichst klare Genrezuordnung
ist, auch wenn Nachwuchsautoren das nicht glauben wollen, für den Bucherfolg
unerlässlich.
Abzuraten, sagt Bettina
Querfurth, sei beispielsweise von Märchen, für die es einfach keinen Markt
gebe. Auch Autobiografien stoßen nirgends auf Begeisterung, es sei denn, man
ist prominent – oder hat ein ungewöhnliches Schicksal, dann aber sollte man den
Text eher als Memoir verfassen und sich auf diesen besonderen Aspekt
konzentrieren, zum Beispiel das Überwinden einer schweren Krankheit.
Ambitionierte Autoren müssten sich in diesem Fall allerdings mit der Tatsache
abfinden, dass ihr Werk als Sachbuch und nicht als Belletristik eingestuft
wird.
Und noch ein Tipp von der
Fachfrau: Jeder Schriftsteller sollte in der Lage sein, in drei Sätzen zu
sagen, worum es in seinem Manuskript geht. Wer bei dieser entscheidenden
Prüfung ins Stottern gerät oder zu weit ausholt, hat bereits verloren.
Axel von Ernst: „Wörter, die ich gern verbieten würde.“ Über das Lektorieren von Texten
Wenn ein Lektor aus
seinem Berufsalltag erzählt – und dies auch noch so unterhaltsam tut wie der
Verleger des Lilienfeld Verlags –, ist allgemeine Heiterkeit meist
vorprogrammiert. Den selbstkritischeren unter den lauschenden Autoren bleibt
das schadenfrohe Gelächter über die saublöden Fehler anderer jedoch im Halse
stecken: Haben sie diese Formulierung nicht auch schon häufig verwendet?
Dank Axel von Ernst
kennen wir jetzt jedenfalls unseren größten Feind: den inneren Goethe. Der
sorgt nämlich dafür, dass wir unseren Texten ein völlig unangemessenes,
schwülstiges Pathos verleihen, weil wir besonders im deutschsprachigen Raum glauben,
richtig große und bedeutsame Literatur müsse entsprechend hochtrabend
daherstolzieren. So rutschen dann Wörter wie „obzwar“, „dennoch“ und „unversehens“
in Manuskripte hinein, die vom Lektor mühsam wieder aussortiert werden müssen,
weil sie nicht zum Erzählton passen.
Die Füllwörterangst
dagegen, eine unter Autoren weit verbreitete Störung, sei völlig unbegründet,
tröstet Axel von Ernst. Ohne Füllwörter werde die Sprache nämlich steif und
künstlich. Lässt man sie komplett weg, verliert der Text an Lebendigkeit und
Atmosphäre. Hier ist das Augenmaß des Schreibenden gefragt.
Differenzen und wüste
Auseinandersetzungen mit Autoren hat der Lektor und Verleger bisher nicht
erlebt: Das Zauberwort lautet Respekt.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen